Titelbild des Buches Limit von Frank Schätzing.

Buchvorstellung: Frank Schätzing – Limit

Foto: Fischer Taschenbuch Verlag

Frank Schätzing, quasi der Pop-Star unter Deutschlands Unterhaltungsliteraten, hat im Jahr 2004 mit „Der Schwarm“ einen veritablen Bestseller abgeliefert, von dem der Mann auch heute noch gut leben dürfte. Sein Öko-Thriller erklomm national wie international diverse Bestsellerlisten und gilt als einer der Top-Romane auf diesem Gebiet überhaupt. Wenn ein Buch von Presse wie Publikum gefeiert wird, ist klar, dass die Erwartung an einen Nachfolger enorm sind. Mit seinem neuen Werk „Limit“ verlagert Schätzing den Schauplatz von den Tiefen der Weltmeere (zum großen Teil) auf den Mond und stellt sich dem sicherlich enormen Druck. Die Frage, die alle Kenner des „Schwarm“ umtreibt, ist: Konnte er sich noch einmal übertreffen? Antwort: Ja. Und wie!

Etwas mehr als 1300 Seiten umfasst Schätzings neuer Science-Fiction Thriller und bringt damit noch einmal gut und gerne 300 Seiten mehr auf die Waage als „Der Schwarm“ seinerzeit. Wie eingangs erwähnt hat Herr Schätzing die Location gewechselt, wie man in Neudeutsch so sagt. Anstatt sich dem Treiben in den Weltmeeren zu widmen, verlagerte er das Geschehen gute 15 Jahre in die Zukunft.

1300 Seiten und damit 300 Seiten mehr als „Der Schwarm“

Zunächst einmal scheint die Welt in den nächsten Jahren energie- und somit klimatechnisch in Schätzings Vision etwas geschmeidiger geworden zu sein, denn das auf dem Mond gefundene Element Helium-3 löst kurzerhand sämtliche Energieprobleme unseres schönen blauen Planeten. Sauber und sicher in der Energiegewinnung dank Kernfusion löst Helium-3 im Nu alle fossilen Rohstoffe zur Energiegewinnung ab. Das Patent dafür hat der schwerreiche Lebemann Julian Orley (der sicherlich nicht nur rein zufällig an seinen Erfinder angelehnt ist). Mit seinem coolen Konstrukt, einem Fahrstuhl, der die Erde mit einer orbitalen Raumstation und (im Weiterflug via Space Shuttle) dem Mond verbindet, lässt sich das in nur geringen Margen abbaubare Element ohne größere Verzögerung zur Erde transportieren. Es dürfte wohl jedem klar sein, dass ein Mann, der Öl-, Kohle- und Gasfirmen an den Rand der Bedeutungslosigkeit drängt, nicht nur Freunde hat. Orley jedenfalls hat auf dem Mond ein Hotel errichten lassen, zu dessen Premiere er eine illustre Truppe schwerreicher Figürchen in der Absicht, sie als Investoren zu gewinnen, zu einem Abenteuerurlaub eingeladen hat – nicht wissend, dass er und seine Gäste einen extraterrestrischen Trip unternehmen werden, der so manches Leben kosten wird. Und das ist im Prinzip noch das kleinere Übel.

Der andere, parallel dazu verlaufende Handlungsbogen widmet sich dem Cyber-Detektiv Owen Jericho, der von einem Freund um Hilfe gebeten wird: Er soll in China eine junge Frau ausfindig machen, die als Dissidentin auffällig geworden ist. Yoyo, so ihr Name, ist so plötzlich und überstürzt von der Bildfläche verschwunden, dass es scheint, als wäre sie auf Dinge gestoßen, die sie besser nicht gefunden hätte. Jericho heftet sich also an die Fersen der jungen Frau – und mit ihm ein reichlich durchgeknallter Killer, der scheinbar über unbegrenzte Mittel verfügt und dem jedes Mittel recht und billig ist, Yoyo und jeden potenziellen Mitwisser auszuschalten. Für Yoyo, Jericho und deren Weggefährten beginnt eine atemlose Hetzjagd, welche die Truppe auf eine Verschwörung bringt, deren Spuren von China über Afrika und Berlin bis zum Mond reichen.

Jericho, Yoyo, Julien Orley und alle anderen Beteiligten sehen sich alsbald einer Bedrohung gegenübergestellt, die sie nicht nur das Leben kosten könnte, sondern auch den Verlauf der Geschichte für immer verändern…

1300 Seiten sind natürlich zunächst einmal eine Menge Lesestoff, bei dem man nicht ganz ungerechtfertigt fürchten könnte, das Buch hätte mit einigen Längen zu kämpfen. Nicht so in Schätzings Science-Fiction-Märchen. Einzig die Passagen auf dem Mond leiden etwas unter den vielen auftretenden Charakteren, von denen nicht zu wenige als handliches Kanonenfutter enden. Dem gegenüber stehen Schätzings ausufernde, gleichwohl interessante und wie gehabt gründlich recherchierten Schilderungen einer Zukunft, wie sie sehr gut vorstellbar ist. Und die immer wieder eingestreuten, bis zum höchsten Ausschlag getriebenen Spannungsspitzen in Form von rasant formulierten Actionsequenzen, die ganz bequem mit jedem Kino-Blockbuster mithalten können.

Ein adrenalingeschwängertes Epos

Überhaupt ist „Limit“ ein adrenalingeschwängertes Epos geworden, das zu keiner Zeit auch nur den Hauch von Langeweile aufkommen lässt. Außerdem ist Frank Schätzing ein Experte in Hinblick auf Cliffhanger, die den Leser förmlich zwingen weiterzulesen. Schließlich will man ja wissen, was es mit der Verschwörung auf sich hat, der Yoyo versehentlich auf die Schliche gekommen ist. Will wissen, ob sie und Jericho dem komplett durchgeknallten Killer Xin doch noch entkommen können. Will wissen, wer der Maulwurf ist, der sich in die Mondreisegruppe eingeschlichen und schlussendlich, was es mit der atomaren Bedrohung auf sich hat, die sich am Horizont abzeichnet.

1300 Seiten sind, wie zuvor erwähnt, eine Menge Lesestoff. Bei „Limit“ merkt man jedoch nicht, dass man gerade ein Werk vom Umfang eines Telefonbuches einer mittleren Stadt geradezu weggeatmet hat. Dafür ist das Szenario, die Welt, die Schätzing entworfen hat, zu detailverliebt, die Figuren zu sympathisch und gleichzeitig zu glaubwürdig. Und die Schreibe des Autors ist im Vergleich zum „Schwarm“ um einiges flotter geworden. Auf den 1300 Seiten passiert so unglaublich viel, dass es schlicht unmöglich ist, auf alles im Detail einzugehen, ohne eine Betrachtung in einem ähnlichen Umfang abzuliefern. Belassen wir es also an dieser Stelle schlicht mit der Feststellung, dass Herrn Schätzing hier nicht weniger als ein in höchstem Maße fesselndes und unterhaltsames Werk gelungen ist.

Berufsbedingt muss ich im Laufe eines Jahres so einige Bücher lesen. Aber ich darf Euch an dieser Stelle versichern, dass es im ganzen Jahr 2009 nicht ein Buch gegeben hat, das mich derart überzeugt, ja begeistert hat wie Schätzings Meisterstück. Ich war schon irgendwie traurig, als ich nach 1300 Seiten besten Entertainments das Buch zuklappen und das coole Szenario verlassen musste. Die vielen Seiten sind quasi wie im Flug an mir vorbeigerauscht. Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn das Werk noch mal weitere 1000 Seiten umfasst hätte. Kurzum: Ich verneige mich in tiefer Ehrfurcht. „Limit“ ist bezüglich Unterhaltungswert und Spaßfaktor für mich mit weitem Abstand das Buch des Jahres 2009! Vielen Dank für die unterhaltsamen Stunden, Herr Schätzing.

Titelbild des Buches Limit von Frank Schätzing.
Erscheinungsdatum
5. Oktober 2009
Autor*in
Frank Schätzing
Titel
Limit
Verlag
Fischer Taschenbuch Verlag
Unsere Wertung
4.3
Fazit
Berufsbedingt muss ich im Laufe eines Jahres so einige Bücher lesen. Aber ich darf Euch an dieser Stelle versichern, dass es im ganzen Jahr 2009 nicht ein Buch gegeben hat, das mich derart überzeugt, ja begeistert hat wie Schätzings Meisterstück. Ich war schon irgendwie traurig, als ich nach 1300 Seiten besten Entertainments das Buch zuklappen und das coole Szenario verlassen musste. Die vielen Seiten sind quasi wie im Flug an mir vorbeigerauscht.
Pro
Coole Geschichte, die trotz des Sci-Fi-Settings durchaus realistisch anmutet
Wie üblich gut recherchiert, um den realistischen Anspruch zu untermauern
Sehr spannend, sehr abwechslungsreich - auf 1300 Seiten passiert unheimlich viel
Kontra
Bei manchem Charakter kommt man nicht umhin zu glauben, der Autor hätte sich hier selbst ins Buch geschrieben
4.3
Wertung
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