She & Him, alias Zooey Deschanel und M. Ward. Sie trägt ein schwarz-rot gestreiftes Shirt, er ein weißes und eine dunkle Sonnenbrille.

Musikvorstellung: She & Him – Classics

Foto: Sony Music

Höm… Schauspieler*innen, die sich zur Musik berufen fühlen… fällt mir dazu noch eine Einleitung ein, die ich nicht schon mal irgendwann früher in diesem Leben aufgrund dieses Ereignisses verbraten habe? Nö. Zuletzt bei Jan Josef Liefers’ Radio Gloria habe ich noch darüber sinniert, dass diese Kombination ja schon so manches Mal in die Hose gegangen ist. Das schenke ich mir heute. Stattdessen gehe ich gleich zum Thema über: Zooey Deschanel und ihr Produzent/Gitarrist Matt Ward, die gemeinsam als She & Him unterwegs sind, haben ein neues Album draußen. „Classics“ heißt es und genau dieses Album möchte ich Euch jetzt vorstellen.

Nach den fehlgeleiteten Versuchen etwa eines Bruce Willis’ oder Don Johnsons anno dazumal wird man diesen ewigen Vorwurf, dass Schauspielerei und Sangeskünste zwei verschiedene Paar Schuhe sind (und bleiben sollten!) trotz aller Versuche nicht so richtig los. Da mag es noch so viele gute Beispiele gegeben haben, auch und ganz besonders in unserem Ländle, dieser Gedanke ist tief und fest verankert. Dennoch ist es hier wie bei vielen anderen Dingen auch: Die Zeit trennt die Spreu vom Weizen. Wer sich als Bildschirmfratze nur der schnellen Mark wegen ans Mikro stellt, wird auf lange Sicht sehr wahrscheinlich nur als weiteres schlechtes Beispiel dienen. Wer aber tatsächlich Musik im Blut hat, der wird durch eine gewisse Nachhaltigkeit auffallen. Und nein, mit Nachhaltigkeit meine ich nicht, noch ein zweites Album aufzunehmen und dann, Jahre später, noch zwei Best-of-Platten nachzuschieben. Und ja, ich bin immer noch bei Don Johnson.

Jetzt aber zurück zum eigentlichen Thema: Zooey Deschanel und Matt Wards gemeinsame musikalische Karriere reicht zurück ins Jahr 2007, wo sich beide „unter glücklichen Umständen im Rahmen eines Filmprojekts“ (soweit der Pressetext) kennenlernten. Seitdem arbeiten sie in Form eines Online-Dialogs an ihren Songs. Schicken sich Ideen, Aufnahmen, Fragmente und ähnliches hin und her, ganz gleich an welchem Projekt sie eigentlich gerade arbeiten oder in welchem Winkel der Welt sie sich aufhalten. Diese Form der musikalischen Zusammenarbeit ist nicht neu, unsere Lieblinge Seabound beispielsweise arbeiten nur so. Wie sollte das auch anders gehen, wenn da einer in Amerika und der andere im schönen Saarbrücken hockt? Und wie man bei Seabound in schöner Regelmäßigkeit sieht, kann diese Form des vernetzten Musizierens bestens funktionieren. So auch schon seit 2008 bei She & Him, denn da erschien unter dem pragmatischen Titel „Volume One“ das Debütalbum von Zooey Deschanel und Matt Ward. Danach folgten 2010 „Volume Two“, 2011 „A Very She & Him Christmas“, 2013 „Volume 3“ und nun das vorliegende „Classics“. Den ersten Aha-Effekt erlebt man in Zusammenhang mit She & Him übrigens, sobald Frau Deschanel den Mund aufmacht. Interessant, markant und einigermaßen ausdrucksstark, so würde ich ihre Stimme umschreiben wollen. Dass Singen kann, wer sich vor ein Mikro stellt, ist leider keine Selbstverständlichkeit. Teilnehmer*innen der Düsterszene werden das bestätigen können.

„Beim ersten Album war ich noch völlig ängstlich, und meine Hauptaufmerksamkeit galt, den Gesang richtig hinzubekommen.“ (Zooey Deschanel)

Und auch wenn man Frau Deschanel gerne bestätigt, über eine gefällige Singstimme zu verfügen – in den Anfangstagen von She & Him hatte sie diesbezüglich noch einige Selbstzweifel. Über ihre ersten gesanglichen Gehversuche bei She & Him sowie die Zusammenarbeit mit Mr. Ward gibt die 34-Jährige zu Protokoll: „Beim ersten Album war ich noch völlig ängstlich, und meine Hauptaufmerksamkeit galt, den Gesang richtig hin zu bekommen. Den ersten Song nahmen wir in Portland mit unserem Freund Mike Coykendall in seinem Haus auf. Als es an die Gesangsaufnahmen ging, mussten sie allerdings beide verschwinden. Ich denke, da gab es eine Menge Sachen, mit denen ich in psychologischer Hinsicht erst einmal klarkommen musste. Beim ‚Volume 2‘-Album war ich schon selbstbewusster und bei ‘Volume 3’ noch mehr. Matts und mein Geschmack sind ziemlich ähnlich und sehr vielfältig – wir mögen die gleichen Dinge, deren Bandbreite ziemlich groß ist. Ich mag nicht nur ein Musikgenre, und das prägt unsere Songs. Wir sind nicht auf eine bestimmte Art von Arrangement fixiert. Wenn du in einer Countryband spielst, dann bist du ziemlich festgelegt, wie du Sachen machst.“

Interessante Entwicklung, wenn man sich vor Augen führt, dass die Zusammenarbeit mit Matt Ward dadurch zustande kam, dass er sie in „Buddy – Der Weihnachtself“ singen hörte. Deschanel nahm zu der Zeit bereits Demos auf, war aber wohl zu schüchtern, diese auch zu veröffentlichen. Inzwischen hat sie neben den She & Him-Alben unter anderem auch die selbst geschriebene und gesungene Titelmelodie „Hey Girl“ ihrer Sitcom „New Girl“ sowie die Download-Single „Fallinlove2nite“, gemeinsam produziert mit Prince, auf der Haben-Seite. Ein weiter Weg, zumal sie von sich behauptet, Musik und Gesang schon seit Kindestagen geliebt zu haben und das Spiel von Klavier und Saiteninstrumenten beherrscht. Dieser kleine Exkurs in die Biografie von Zooey Deschanel war als Beitrag zum Thema „Schauspieler und ihre ernsthaften musikalischen Ambitionen“ notwendig. Matt Ward hingegen war schon immer als Musiker tätig und veröffentlicht seit 2000 im Abstand von 2, 3 Jahren ein neues Album. Größere Aufmerksamkeit mit seinem Tun als Solo-Künstler blieb ihm in Deutschland bisher verwehrt, allerdings sah man ihn in unserem Ländle schon im Vorprogramm von Norah Jones durch die Gegend gurken.

Mit „Classics“ unternimmt das Duo eine Zeitreise, die 1930 mit „Would You Like To Take A Walk“ beginnt, ursprünglich aufgenommen von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong. Und die 1974 mit „She“ endet, dereinst aufgenommen von Charles Aznavour, Elvis Costello und Terry Hall. Ihr merkt schon: Der Name „Classics“ kommt nicht von ungefähr. Ebenfalls als Station auf dieser Reise dabei sind: „Time After Time“, anno dunnemals von Frank Sinatra, Chet Baker und Shirley Bassey aufgenommen. Das stimmliche Duett stammt halt nur in diesem Fall von Matt Ward und Zooey Deschanel. Und auch wenn es beiden natürlich an gleicher Imposanz fehlt wie den Originalen, so lässt sich das Ergebnis doch durchaus hören. Und auch dass die Trompete nicht mehr von Chet Baker beigesteuert wird, stört nicht weiter. Das flotteste Stück des Albums ist das bereits als Single und Video veröffentlichte „Stay Awhile“, dem dereinst von Dusty Springfield zu Glanz und Gloria verholfen wurde.

Machen wir uns nüscht vor: alte Songs neu aufzunehmen ist keine Kunst. Das passiert ständig irgendwie irgendwo. Interessant an She & Hims Klassikern ist viel mehr das Wie. Unter Einsatz von Streichern, kompletten Bläsersetzen, Klavier, Flöten sowie natürlich Bass und Gitarre sowie dem Umstand, dass Deschanels Stimme ein bisschen wie aus weiter Ferne wirkt, entsteht der Einsatz, die Songs seien von originalen Tonbändern restauriert worden, anstatt neu aufgenommen. Den Bombast vergleichbarer Produktion sucht man hier vergeblich. Und allerspätestens in dem Moment, wenn die eigentlich totgedudelte „Unchained Melody“ aus den Boxen tönt, mit all ihrem inkludierten Herzschmerz wird klar – She & Him ging es hier um die Liebe. Die Sorte Liebe, die von zarten, stillen Momenten lebt.

Klassiker – oder eben: „Classics“ – in schöner Regelmäßigkeit neu aufzunehmen, ist nischt Neues. Auch und ganz besonders bei namhaften Künstler*innen nicht. Erst im letzten Jahr hatten wir beispielsweise einen Robbie Williams, der sich einmal mehr in den swingenden Big Band Sound verliebte und uns Konsument*innen daran teilhaben ließ. Zooey Deschanel und Matt Ward tun es ihm gleich. Nur ohne die Dimensionen, die dem Sound sonst innewohnen kann. „Classics“ hat den charmanten Nebeneffekt, dass die Songs allesamt so behutsam bearbeitet wurden, dass der Eindruck entsteht, sie seien direkt aus dem jeweiligen Schaffensjahr in unsere Zeit teleportiert worden. Allenfalls ein bisschen das Rauschen aus den staubigen Originalbändern entfernt, den Klang etwas poliert und fertig. Dass natürlich viel mehr Mühe dahintersteckt, ist klar. Noch dazu lebt das Album von Zooey Deschanels überraschend markanter Stimme. Mit der Auswahl der Songs, der Zusammenstellung und der gesamten Aufbereitung ist „Classics“ mit der Veröffentlichung in der Vorweihnachtszeit ein passender Begleiter für eben diese. Und für alle, die für die romantische Stimmung in diesen Tagen empfänglich sind. Tatsächlich mag „Classics“ auch darüber hinaus eine gewisse Nachhaltigkeit entwickeln. Immer dann, wenn nach chilliger Begleitmusik während aktiven Seelenbaumelns der Sinn steht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Griff im Regal zu She & Him geht. Unaufdringlich, spielerisch, sympathisch und gut.

Cover des Albums Classics von She & Him.
Erscheinungsdatum
28. November 2014
Band / Künstler*in
She & Him
Album
Classics
Label
Columbia Records (Sony Music)
Unsere Wertung
3.8
Fazit
„Classics“ hat den charmanten Nebeneffekt, dass die Songs allesamt so behutsam bearbeitet wurden, dass der Eindruck entsteht, sie seien direkt aus dem jeweiligen Schaffensjahr in unsere Zeit teleportiert worden. Allenfalls ein bisschen das Rauschen aus den staubigen Originalbändern entfernt, den Klang etwas poliert und fertig. Dass natürlich viel mehr Mühe dahintersteckt, ist klar. Noch dazu lebt das Album von Zooey Deschanels überraschend markanter Stimme. Mit der Auswahl der Songs, der Zusammenstellung und der gesamten Aufbereitung ist „Classics“ mit der Veröffentlichung in der Vorweihnachtszeit ein passender Begleiter für eben diese. Und für alle, die für die romantische Stimmung in diesen Tagen empfänglich sind.
Pro
Zooey Deschanels Gesangsstimme überrascht auf positive Weise
Die Produktion wirkt, als hätte man die Originalbänder restauriert und ganz, ganz behutsam aufgefrischt
Kontra
Klassiker von anno dazumal neu aufzunehmen gewinnt keinen Blumentopf für die originellste Idee
3.8
Wertung
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