Cover des Comics Marvel Must-Have Punisher Blutspur von Panini Comics.

Zeitreise zurück in die 80er: Mit „Marvel Must-Have – Punisher: Blutspur“ den ersten Solo-Auftritt von Frank Castle neu erleben. Enormen Bodycount inklusive.

Foto: Panini Comics

„The Punisher“ ist eine dieser Figuren aus dem Hause Marvel, der ich ziemlich ambivalent gegenüberstehe. Erfreulich ist zwar einerseits, dass er ohne Superkräfte und Neopren-Schlüpper auskommt und somit einen angenehmen Kontrast zu den zahlreichen Superhelden bildet. Auf der anderen Seite ist mir persönlich dessen Vorgehen schlicht und einfach zu rabiat. Ja, mir ist durchaus klar, dass die Figur Frank Castle, als ein durch den Mord an Frau und Kindern von unstillbarem Rachedurst getriebener Anti-Held, von vornherein als krasser Gegenentwurf beispielsweise zur ewig freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft konzipiert wurde. Aber diese „erst schießen, dann fragen“-Mentalität wirkt etwas aus der Zeit gefallen. Zumal überall dort, wo der Punisher auftaucht, eine Spur von Blut und Verwüstung zurückbleibt. Muss man mögen, schätze ich. Und ich mag den Punisher einfach nicht wirklich. Ideale Voraussetzungen also, um sich mit „Punisher – Blutspur“, das im Rahmen von Panini Comics’ Marvel Must-Have-Reihe neu aufgelegt wurde, zu beschäftigen.

Bei dem von Jo Duffy und Steven Grant inhaltlich erschaffenen sowie von Mike Vosburg und Mike Zeck grafisch umgesetzten Werk handelt es sich buchstäblich um einen Klassiker, bei dem schon anhand der Eckdaten klar wird, warum diese Story als Must-Have neu aufgelegt wurde. Als die Story erstmals erschien, war der Punisher als Figur schon bekannt und einigermaßen populär – es reichte bis dato aber immer nur für Auftritte in den Reihen anderer Marvel-Helden. Bis 1986 das vorliegende Werk erschien und dem Punisher final eine Solo-Karriere bescherte, die bis heute anhält. Die ursprünglichen Versuche, diese Geschichte als Solo für den Punisher zu veröffentlichen, reichen sogar zurück bis in die späten 1970er-Jahre. Und jede Seite, jedes Panel dieses Comics atmet den Geist trashiger Action-B-Movies, was aus heutiger Sicht einen zusätzlichen gewissen Unterhaltungswert schafft. Denn nur drei Jahre später ballerte sich in dem Machwerk „The Punisher“ von Mark Goldblatt ein gewisser Dolph Lundgren durch etliche blutrünstige Szenen. Es war dies der erste Versuch, den Punisher auf der Leinwand zu etablieren. Den es, um den Kreis zu schließen, ohne den vorliegenden Comic möglicherweise nicht gegeben hätte. Ob und inwiefern das ein Verlust gewesen wäre, entscheidet bitte selbst.

Im vorliegenden Comic ist Frank Castle zunächst in einem Knast eingebuchtet. Natürlich dauert es nicht lange, bis der als Punisher bekannte Krawallbruder im Knast die ersten Knochenbrüche verteilt – ein Wiedersehen mit einem seiner langjährigen Feinde, Jigsaw, inklusive. Der heißt übrigens so, seitdem er von Castle aus einem Gebäude hinauskomplimentiert wurde – durch ein Fenster nämlich – und durch die Glasscherben zahlreiche Verletzungen im Gesicht davongetragen hatte. Es wird ein Ausbruchsversuch unternommen, bei dem vor allem Frank Castle aus dem Gefängnis entkommt. Dieser Ausbruch war aber nur der Auftakt zu einem viel größeren Plan, bei dem eine … nun ja … zumindest als fragwürdig zu bezeichnende Vereinigung namens Trust das Ansinnen hat, den Verbrecherkrieg auf den Straßen zu beenden. Mit welchen Mitteln auch immer, koste es, was es wolle. Wilson Fisk, der Kingpin, wird mittels fingierter Todesmeldung aus dem Spiel genommen, sodass sich die verbliebenen Gangsterbosse beim Bestreben, den Platz einzunehmen, gegenseitig über den Haufen ballern. Und Frank Castle mittendrin. Um ihn herum eine Spur der Verwüstung, jede Menge Blut und ein Bodycount wie in einem Ego-Shooter. Müßig zu erwähnen, dass der Punisher auch nur Bauer in einem perfiden Plan ist, oder?

„Punisher – Blutspur“ ist, das möchte ich schon sagen, eine herrliche Zeitreise zurück in die 1980er-Jahre. Die Zeichnungen, die verhältnismäßig wenigen und sehr blassen Farben, die wahnsinnig übertriebene anatomische Darstellung von Frank Castle, die starre Aufteilung der Panels und so weiter – wer sich für einen Nostalgie-Trip zurück in ein sehr bemerkenswertes Jahrzehnt begeistern kann, wird durch diesen Comic alleine schon dadurch glücklich. Die Handlung selbst wirkt auch wie Actionkino jenes Jahrzehnts, hat mich aber nicht übermäßig aus den Latschen gekickt. Wenngleich ich natürlich verstehe, was sie für die Figur für Folgen hatte. Dass ich nicht übermäßig beeindruckt bin, liegt wahrscheinlich in der eingangs erwähnten Ambivalenz der Figur des Punishers gegenüber begründet. Auch hier ist es ihm mindestens egal, ob jemand lebt oder stirbt, aber meistens habe ich das Gefühl, dass es ihm lieber ist, sein Gegenüber stirbt einfach. Am besten noch durch seine Hand. Das macht den Punisher meines Erachtens nicht so viel besser als die Schurken, denen er das Licht ausknipst. Das ist das Konzept, weiß ich, aber das muss man ja nicht mögen. Der Popularität der Figur, die in der jüngeren Vergangenheit wieder reichlich Aufwind durch den Auftritt in (ehemals) Netflix’ „Marvel’s Daredevil“-Serie (dort gespielt von John Bernthal) bekommen hatte, tut das aber keinen Abbruch.

Halten wir also mal fest: Aus Comic-geschichtlicher Sicht ist diese Story in der Tat ein Must-Have für alle, die sich für ganz wesentliche Meilensteine in der Entwicklung einer Figur interessieren. Auch und gerade unter Berücksichtigung der Zeit, in der das Werk entstanden ist und was für Strahlefrauen und -männer damals sonst so die bunten Hefte bevölkerten. Und auch wer sich zu den Fans des Punishers zählt, bekommt hier ein rasantes Stück Actionkino der 1980er-Jahre in gezeichneter Form geboten, das um einiges mehr Tiefgang hat, als der nur wenig später nachgereichte, tatsächliche Actionfilm mit Dolph Lundgren. Darüber hinaus ist es wohl primär eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man diese Story als Must-Have betrachtet. Ein Pauschalurteil würde ich hier nicht fällen wollen.

Cover des Comics Marvel Must-Have Punisher Blutspur von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
31. Oktober 2023
Verlag
Panini Comics
Zeichnungen
Mike Vosburg, Mike Zeck
Inhalt
Jo Duffy, Steven Grant
Storys
The Punisher (1986) 1–5
Seiten
156
Unsere Wertung
3.5
Fazit
Aus Comic-geschichtlicher Sicht ist diese Story in der Tat ein Must-Have für alle, die sich für ganz wesentliche Meilensteine in der Entwicklung einer Figur interessieren. Auch und gerade unter Berücksichtigung der Zeit, in der das Werk entstanden ist und was für Strahlefrauen und -männer sonst so die bunten Hefte bevölkerten. Und auch wer sich zu den Fans des Punishers zählt, bekommt hier ein rasantes Stück Actionkino der 1980er-Jahre in gezeichneter Form geboten, das um einiges mehr Tiefgang hat, als der nur wenig später nachgereichte, tatsächliche Actionfilm mit Dolph Lundgren. Darüber hinaus ist es wohl primär eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man diese Story als Must-Have betrachtet.
Pro
Alleine aus Comic-historischer Sicht ist dieses erste Solo-Abenteuer von Frank Castle wichtig
Fans bekommen eine rasante Story geboten, die - dem Erscheinungsjahr entsprechend - an Actionkino der 80er-Jahre angelehnt ist
Kontra
Kein wirklicher Makel in dem Sinne, aber: Die Figur und Methoden des Frank Castle muss man mögen
3.5
Wertung
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