Wenn ich mich über eine Sache echauffieren müsste, die mir im weiten Feld der Superhelden-Comics auf den Keks gehen könnte, dann, dass viele Comics sehr ernsthaft sind. Dass sie oft mit einer Schwere daherkommen, die den Eindruck vermittelt, man habe es mit ernster Weltliteratur zu tun. Und nicht mit einem Buch oder Heft voller bunter Bilder, in denen sich Typen, die den Schlüpper über der Strumpfhose tragen, gegenseitig die Kauleiste verbeulen. Ich übertreibe natürlich und eigentlich gibt es da auch nichts, was mich stört. Dafür lese ich schon zu lange Comics, gerne auch aus diesem Genre. Und doch: ein bisschen Humor stünde den Werken manches Mal gut zu Gesicht. Vielleicht nicht notwendigerweise im Rahmen einer dem jeweiligen Canon verhafteten Story, aber was spricht denn gegen One-Shots, Mini-Serien oder Ähnliches? Eben. Ähnliche Gedanken hatte möglicherweise auch Autor Frank Tieri, als er „Harley zerlegt das DC-Universum“ erdachte. Und dem Titel entsprechend macht Harley Quinn genau das. Auf gleichermaßen schwarzhumorige wie vergnügliche Weise.
Die Geschichte von „Harley zerlegt das DC-Universum“, die sich auf immerhin 164 Seiten erstreckt, ist eigentlich ziemlich schnell erzählt. Harley Quinn gelangt in den Besitz einer Zeitmaschine im praktischen Schrankwandformat, die sie ihrer neugierigen Natur folgend auch in Anspruch nimmt. Starro der Eroberer, Menschen mit einem formschönen Seestern im Gesicht als Geisel nehmend, ist der große Bösewicht der Story, der Harley auf ihrer wilden Reise durch Zeiten und Dimensionen immer dicht auf den Fersen ist. Und im Zuge dieses Trips sind allerhand Dinge passiert, die Harley ungeschehen machen muss. Und dass sie das DC-Universum dabei zerlegt, ist wörtlich zu nehmen.
So landet beispielsweise Clark Kent niemals auf der Erde, weil Harley dazwischenfunkt, und kann demnach nicht zu Superman werden. Die Eltern von Bruce Wayne werden nicht ermordet, weil Harley den Mörder der Waynes vorher ausknipst, somit wird es auch nie einen Batman geben. Der Papa von Aquaman geht lieber mit einer Version von Harley ins Bett, auch wenn dieser Harleys Aussage nach stinkt wie Davey Jones im Schritt – wer deshalb nie geboren wird, ist klar, ne? Apropos Geburt: Prinzessin Diana, die als Wonder Woman für Recht und Gerechtigkeit kämpfen sollte, wurde aus Lehm geformt. Blöd nur, wenn Harley auf ihrem Trip direkt in den frisch geformten Körper latscht und Wonder Woman fortan nicht mehr ist, als ein paar Reste an der Schuhsohle von Harleys Flipflops. Und weil all diese Helden fehlen, wird es natürlich auch keine Justice League geben. Leichtes Spiel also für Starro? Ha! Von wegen! Da kennt er Harley Quinn aber schlecht …
Was für ein wilder Trip! Was Frank Tieri und sein Zeichner Logan Faerber ist ein höchst unterhaltsamer Comicspaß mit einem Humorlevel, der irgendwo zwischen infantil, unter der Gürtellinie und ziemlich schwarz pendelt. Und allein schon dadurch den Unterhaltungswert des Comics in enorme Höhen schnellen lässt. Die ausgesprochen cartoonhaften Zeichnungen von Logan Faerber, der sehr mit Übertreibungen arbeitet und beispielsweise Harleys Gedanken und Pläne als ganz einfache Buntstiftskizzen zu Papier bringt, passen hervorragend dazu. Jede realistischere Darstellung hätte dem Comic schon wieder die eingangs erwähnte Ernsthaftigkeit und Schwere verliehen, wenigstens in Teilen, und wäre demnach kontraproduktiv gewesen.
Ich möchte nicht sagen, dass „Harley zerlegt das DC-Universum“ der beste oder unterhaltsamste Comic ist, den ich je gelesen habe. Dennoch gehört dieser Band zu den definitiv unterhaltsamsten der letzten Monate. Nicht zuletzt, weil er sich nicht zu ernst nimmt und das ach so schwere, dramatische, stets höchst epische Genre der Superhelden auf rotzfreche, aber nicht respektlose Weise durch den Kakao zieht. Und wer, ähnlich wie ich, gerne mal einen Comic konsumiert und dabei leise vor sich hin kichernd möchte, dem sei „Harley zerlegt das DC-Universum“ wirklich wärmstens ans Herz gelegt!