Cover des Comics Predator 1 Tag des Jägers von Panini Comics.

Wenn Rache eiskalt serviert wird: In „Predator 1 – Tag des Jägers“ wird der Jäger zum Gejagten

Foto: Panini Comics

Nicht zuletzt aufgrund des wirklich gelungenen Prequels „Prey“, der seit rund einem Jahr bei Disney+ angeschaut werden kann, gehören die Predators wieder zu sehr ernstzunehmenden Kreaturen im weiten Feld des Sci-Hi-Horrors. Die Figurenbude Hot Toys hat sich die Lizenz zum Film geschnappt und schon im Rahmen der kürzlich über die Bühne gegangenen Sideshow Con eine erste Figur des außerirdischen Jägers im Maßstab 1:6 gezeigt. Und der Regisseur des Films, Dan Trachtenberg, denkt sehr medienwirksam über eine Fortsetzung nach. Mit dieser wäre wohl aber nicht vor 2025 oder 2026 zu rechnen. Nun könnte man freilich bis dahin in Dauerschleife der jungen Comanche-Frau Naru dabei zuschauen, wie sie im 18. Jahrhundert dem Predator, der ihrem Stamm nach dem Leben trachtet, ziemlich deutlich klarmacht, was davon hält – nix nämlich. Eventuell ist dies auf Dauer aber auch ein bisschen öde irgendwann. Wer aber Bock hat auf frisches, spannendes und unterhaltsames Predator-Material, macht ab dem 29. August mal einen Ausflug zum Comicshop seines Vertrauens. Dann nämlich veröffentlicht Panini Comics den ersten Band der neuen Predator-Reihe. Ich habe mir „Predator 1 – Tag des Jägers“ schon einmal durchlesen können. Eigentlich wollte ich vorm Einschlafen gestern nur mal kurz reinlesen. Warum ich den Comic dann doch nicht aus der Hand legen konnte, das erzähle ich Euch nun.

Die Rache, so besagt es ein Sprichwort, ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Und nicht nur der Planet, auf dem ein nicht unwesentlicher Teil der in der Zukunft liegenden Handlung dieses Predator-Comics angesiedelt ist, erfreut alles, was dort kreucht und fleucht, mit kuscheligen Temperaturen weit unterhalb der 0 Grad Celsius. Nö, auch die Heldin der Geschichte, eine junge Frau mit Ellen-Ripley-Gedächtnisfrisur, wie sie in Alien 3 zu sehen war, ist ziemlich frostig unterwegs. Sie hat auch ihre Gründe. Theta, so ihr Name, war als Kind zusammen mit ihren Eltern Teil einer Expedition auf einem fernen Planeten. Leider sollte sich herausstellen, dass dies einer der Planeten war, der von einem Predator als Spielwiese für dessen ausufernde Jagdobsessionen auserkoren wurde. Und man ahnt es bereits: Die Expeditionsteilnehmer wurden zur Beute deklariert. Die kleine Theta hat also mit ansehen müssen, wie der Predator vor Ort nicht nur die Besatzung des Raumschiffs Sandpiper waidmännisch zerlegt, sondern auch ihre Eltern vor ihre Augen auf reichlich blutrünstige Art ums Leben bringt. In einem kurzen, verzweifelten Intermezzo gelingt es ihr, dem Predator einen Fangzahn vom Gesicht (oder was auch immer diese Biester dafür halten) zu trennen. Und fortan ist es ihre Lebensaufgabe und ihr innerer Antrieb, ihrerseits Jagd auf den Jäger zu machen, der ihre Eltern umbrachte. Bei der Gelegenheit meuchelt sie jeden anderen Predator, der ihren Weg kreuzt. Es dürfte auf der Hand liegen, denke ich, dass die Gemeinschaft der Predators – wie auch immer die organisiert sind – das auf kurz oder lang auch nicht so prima findet, dass ihre Population derart dezimiert wird, und versucht, ihrerseits Theta zu jagen und zu erlegen. Und als Theta auf dem besagten, ziemlich eisigen Planeten notlanden muss, kommt es, wie es kommen muss: Es gibt ordentlich Kloppe. Mit dabei: Mitarbeitende der eher fragwürdig eingestellten Company, die damals die Expedition startete, Theta natürlich – und ein alter Bekannter mit nur noch drei Zähnen im gar nicht mal so hübschen Gesicht.

Dass eine Predator-Geschichte, in der es immer im Wesentlichen darum geht, dass aus dem Jäger ein Gejagter wird und sich vermeintliche Opfer schlussendlich erfolgreich zur Wehr setzen, keinen allzu großen Blumentopf in Sachen überbordender Kreativität mit nach Hause nehmen, liegt einfach in der Natur der Sache, denke ich. Die Frage ist: Was macht man als Kreativ-Team mit dem doch relativ eng gesteckten Rahmen? Autor Ed Brisson findet definitiv ein paar interessante Ansätze. Dass zum Beispiel direkt zu Beginn ein Predator auf die Mütze bekommt, und nicht wie sonst immer irgendein Statistenopfer, ist schon mal ein Pluspunkt. Zudem hat er mit Theta eine interessante, wehrhafte, aber durchaus auch problembehaftete Heldin erschaffen. Die Jagd auf den Mörder ihrer Eltern ist nachvollziehbar, aber spannend obsessiv, zudem hat Theta aufgrund ihrer ewigen Albträume auch ein ausgemachtes Alkoholproblem. Die ganze Zeit erinnerte sie mich an eine Art junger Ellen Ripley, und das nicht nur der Kurzhaarfrisur wegen. Wehrhaft und stark auf der einen Seite, gebrochen und verzweifelt auf der anderen. Es gelingt Ed Brisson hervorragend, dass ich direkt mitfiebere. Einer der Gründe, warum ich den Comic nicht aus der Hand legen konnte.

Der andere Punkt sind die Zeichnungen von Kev Walker in Kombination mit den eher entsättigt wirkenden Farben von Frank D’Armata. Das unterstreicht die vorherrschende, extrem unterkühlte Atmosphäre zusätzlich. Auch hier fühlte ich mich wieder an die Filme rund um das sabbernde, außerirdische Wesen erinnert, vor allem an die ebenfalls steril und unterkühl wirkende Optik von „Prometheus“. Und dass nun mit der Astar Company eine Firma im Hintergrund werkelt, die an die Weyland-Yutani Corporation erinnert, macht die Assoziation komplett. Es könnte durchaus schlimmer sein, sag’ ich mal so. Die Zeichnungen sind geprägt von sehr viel schwarzer Tusche, was es manchmal ein bisschen schwierig macht zu erkennen, wer da eigentlich gerade wem den Helm verbeult. Trotzdem erreichen die für die optische Umsetzung zuständigen Personen einen durchaus cineastische Wirkung. Gut gefallen hat mir auch die Aufteilung der Panels, die zunächst klassischen geometrischen Formen folgt und sehr geradlinig neben- und übereinander angeordnet ist, je weiter die Story und damit die Action voranschreitet, sich aber auch schon mal überlappt, kippt oder ganze Seiten einnimmt. All das macht in Kombination richtig Laune. Auch ein Punkt, warum man vor dem Finale dem Comic nicht entsagen kann. Und, nicht zuletzt: das Lettering wartet in diesem Comic mit angenehm großen Buchstaben auf. Darüber freue ich mich als semiprofessioneller Maulwurf natürlich zusätzlich.

Bleibt also schlussendlich festzuhalten: Das „Predator“-Franchise scheint sich wieder im Aufwind zu befinden. „Predator 1 – Tag des Jägers“ ist ein sehr gelungener Auftakt einer Reise einer sehr menschelnden Heldin, bei der ich – ähnlich wie bei ihrer Kollegin Naru in „Prey“ – sehr daran interessiert bin zu erfahren, wie es weitergeht. Denn dass hier zwar ein Storybogen begonnen und beendet wird, nicht aber die gesamte Figur Theta direkt wieder zu den Akten gelegt, diese Vermutung legt eigentlich schon die Nummerierung nahe. Ich schließe mit einer dicken Empfehlung für alle, die sich für „Predator“ oder einer reichlich blutigen, immer wieder mal an das „Alien“-Franchise erinnernde Sci-Fi-Schlachtplatte begeistern können. Denkt Euch zum Schluss noch dieses typische Klackergeräusch eines Predators als Ausrufezeichen.

Cover des Comics Predator 1 Tag des Jägers von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
29. August 2023
Verlag
Panini Verlag
Zeichnungen
Kev Walker, Frank D'Armata
Inhalt
Ed Brisson
Storys
Predator (2022) 1-6
Seiten
164
Unsere Wertung
3.8
Fazit
Das „Predator“-Franchise scheint sich wieder im Aufwind zu befinden. „Predator 1 - Tag des Jägers“ ist ein sehr gelungener Auftakt einer Reise einer sehr menschelnden Heldin, bei der ich - ähnlich wie bei ihrer Kollegin Naru in „Prey“ - sehr daran interessiert bin zu erfahren, wie es weitergeht. Denn dass hier zwar ein Storybogen begonnen und beendet wird, nicht aber die gesamte Figur Theta direkt wieder zu den Akten gelegt, diese Vermutung legt eigentlich schon die Nummerierung nahe. Ich schließe mit einer dicken Empfehlung für alle, die sich für „Predator“ oder einer reichlich blutigen, immer wieder mal an das „Alien“-Franchise erinnernde Sci-Fi-Schlachtplatte begeistern können.
Pro
Anstatt Helden mit Stahlmuskeln auf die Predators loszulassen, so wie 1987 mit Arnie, steht hier eine sehr wehrhafte junge Frau im Fokus (so wie im filmischen Prequel "Prey")
Das Handeln von Theta ist stets nachvollziehbar; ihre Obsession gepaart mit den Albträumen und der Alkoholsucht machen sie zu einer spannenden Figur
Ed Brisson versteht es, trotz des engen Story-Rahmens eine spannende Geschichte zu erzählen
Die Zeichnungen und die Farben ergeben einen fast schon filmhaften Eindruck
Das Lettering gefällt durch angenehm große Buchstaben - Menschen mit Brille wird es freuen!
Kontra
Die kontrastreichen, manchmal holzschnittartigen Zeichnungen machen es inmitten der größten Action manchmal schwer zu erkennen, wer eigentlich gerade wem was auf die Mütze gibt - noch dazu, wenn Jäger und Gejagter nahezu identisch aussehen
3.8
Wertung
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