Cover des Comics Marvel Must-Have: Punisher - War Zone von Panini Comics.

Hardboiled, grimmig und düster: „Marvel Must-Have: Punisher – War Zone“ ist die lohnende Neuauflage eines zeitlosen und relevanten Klassikers

Foto: Panini Comics

Es mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Figur The Punisher in diesem Jahr 50. Jubiläum feiert, warum momentan einigermaßen viele Reviews zum Thema bei mir erscheinen. Allerdings: düstere, bisweilen beinharte Krimi-Comickunst, die sich ziemlich von den strahlenden Heldenfiguren, die bei Marvel sonst zu Hause sind, unterscheiden, geht irgendwie immer, oder? Neulich erst hatte ich hier an dieser Stelle die „Punisher Anthologie“ in der Mache. Ein echt dicker Brocken von einem Comic, welcher einige der besten Geschichten rund um Frank Castle versammelt oder zumindest einen ersten Einblick gewährt, stets angereichert mit Hintergrundinformationen und zeitgeschichtlicher Einordnung. Denn man darf nicht vergessen, dass der Punisher eine Figur ist, die vermutlich einiges dazu beigetragen hat, dass sich amerikanische Comicverlage nicht mehr der „Comic Code“ genannten Selbstzensur unterwarfen, sondern die Grenzen dessen, was in Comics gesagt und gezeigt werden darf, immer weiter verschoben, bis der Comic Code in den 10er-Jahren dieses Jahrhunderts endgültig eingestampft wurde. Frank Castle war und ist ein Mann, der erst einmal schießt, ehe eventuell Fragen gestellt werden und dem es prinzipiell lieber ist, wenn seine Gegner ein Aufeinandertreffen mit ihm nicht überleben. In dieser Anthologie jedenfalls durfte natürlich auch die erste Story bzw. das erste Heft aus „War Zone“ nicht fehlen. Ein grimmiger Klassiker, der für alle, die ihn bis dato nicht in voller Gänze gelesen haben, im Rahmen der „Marvel Must Have“-Reihe von Panini Comics neu aufgelegt wurde.

In den frühen 90er-Jahren, als Chuck Dixon und John Romita Jr. ihren Lauf in Sachen Punisher unternahmen, war das Thema Gewalt in Comics schon ein anderer Sprech, als beispielsweise noch in „Punisher: Blutspur“, das mit seinem Erscheinen 1986 nur wenige Jahre von „War Zone“ (1992) entfernt war. Ich möchte beinahe behaupten, dass Dixons inhaltliche Darstellung sowie die famosen Zeichnungen von JRJR maßgeblich dazu beigetragen haben, das Bild des Punishers zu schärfen. Vielleicht, aber das ist reiner Spekulatius, hätten die späteren Runs von Leuten wie Garth Ennis („The Boys“) nicht oder zumindest nicht so stattgefunden, wäre Frank Castle nicht in diesem grimmigen, düsteren und hardboiled Krimi zunächst undercover unterwegs, um einem Drogenkartell die Lichter auszuknipsen. Das läuft auch zunächst mal ganz fein für den kompromisslosen Rächer, bis ein neuer Spieler aufs Spielfeld gebracht wird: Shotgun, quasi der Gegenentwurf des Punishers im Auftrag der US-Regierung. Shotguns Auftrag ist es jedoch, nicht nur eine bestimmte Mobster-Familie auszuschalten – sondern direkt alle. Und dazu gehört auch ein gewisser Johnny Tower, landläufig bekannt als der Punisher …

Manche Comics aus früheren Jahrzehnten sind schlecht gealtert und lassen sich heute nicht mehr wirklich gut lesen, da sie zu sehr in der jeweiligen Zeit verhaftet sind, in der sie geschaffen wurden. Geschichtlich Interessierte mögen in diesem Fall vielleicht noch andere Maßstäbe ansetzen, dennoch gibt es genug Comics von Damals™️, die heute antiquiert wirken. Und das nicht immer auf angenehme Weise. „Punisher: War Zone“ gehört jedoch nicht dazu und hat sich seinen Platz als Must-Have redlich verdient. Tatsächlich ist diese knallharte Gangster-Geschichte, die von dem wahrscheinlich fleißigsten Comicautoren aller Zeiten (Dixon soll mehr als 40tausend Seiten Comic geschrieben haben!), zeitlos und funktioniert damals wie heute. Diesen rasanten Krimi zu lesen, ist ein bisschen so, als würde man Filme wie „Payback“, „John Wick“ oder Ähnliche ankucken. Die Farbgebung ist heute vielleicht nicht mehr das Gelbe vom Ei, da hier stets nur eine Handvoll Farben zum Einsatz kam und ich vermute, dass hier eher Faktoren hinsichtlich Produktion und/oder Kosten Einfluss hatten, als dass es eine künstlerische Entscheidung war. Die Zeichnungen von John Romita Jr., der es sich damals nicht nehmen ließ, die üblichen Konventionen schon allein dadurch zu sprengen, dass er doppelseitige Bilder entwarf, für die man das Heft drehen musste, sind auch heute noch sehenswerte Comickunst vom Feinsten. Auch wenn heute natürlich durchaus realistischere oder „schönere“ Bilder in Panels gesteckt werden.

Wem also der Sinn nach knallharter Comickost steht, der es nicht an Action mangelt, und gleichzeitig kein Interesse daran hat, dass wieder Superwesen jeglicher Art die Welt retten, wird mit „Punisher – War Zone“ supergut bedient. Das ist für die Figur eine richtig klasse Story gewesen, die auch unter comicgeschichtlichen Aspekten punktet – und vor allem aber ist sie ein fesselnder Thriller, den man (leider!) viel zu schnell durchgelesen hat.

Cover des Comics Marvel Must-Have: Punisher - War Zone von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
20. Februar 2024
Verlag
Panini Comics
Zeichnungen
John Romita Jr.
Handlung
Chuck Dixon
Storys
Punisher War Zone (1992) 1-6
Seiten
164
Unsere Wertung
3.1
Fazit
Wem also der Sinn nach knallharter Comickost steht, der es nicht an Action mangelt, und gleichzeitig kein Interesse daran hat, dass wieder Superwesen jeglicher Art die Welt retten, wird mit „Punisher – War Zone“ supergut bedient. Das ist für die Figur eine richtig klasse Story gewesen, die auch unter comicgeschichtlichen Aspekten punktet – und vor allem aber ist sie fesselnder Thriller, den man (leider!) viel zu schnell durchgelesen hat.
Pro
In jeder Hinsicht klassischer Hardboiled-Krimi, der die Zeiten seit den frühen 90er-Jahren gut überdauert hat
Die Zeichnungen von John Romita Jr. sind auch heute noch kult!
Kontra
Die Farben hingegen sind nicht mehr so prall, stört im Gesamtbild aber nicht zwingend
3.1
Wertung
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