Cover des Comics Marvel Must-Have: Civil War 2 von Panini Comics.

Darf und sollte man den Lauf der Dinge verändern, wenn man glaubt, diesen vorab zu kennen? „Marvel Must-Have: Civil War II“ bringt einen epischen Konflikt zurück

Foto Panini Comics

Der „Civil War“, veröffentlicht 2006 bis 2007 als eine begrenzte Serie, ist in Marvels Historie schon ein ziemliches Ereignis gewesen. Und zwar in einem Maße, dass es dem Film „The First Avenger: Civil War“ als lose Vorlage diente. Kurze Abholung: Wenn Wesen mit übermenschlichen Kräften Recht und Gesetz in die eigenen, meist behandschuhten Hände nehmen, kommt es immer wieder mal zu Kollateralschäden. Manchmal gehen Einsätze derart in die Buchse, dass nicht nur Schäden in astronomischen Höhen entstehen, sondern auch unbeteiligte Menschen ihr Leben verlieren. Solcherlei Ereignisse ließen Rufe nach einer Reglementierung von Superheldeneinsätzen laut werden. Registrierung von Wesen mit besonderen Fähigkeiten inklusive. Das fand Iron Man ganz toll, Captain America hingegen nicht. Und so kam eins zum anderen und die eigentlich befreundeten Avengers standen sich – so wie zahlreiche andere Figuren aus Marvels reichhaltigem Fundus – in besagtem Bürgerkrieg gegenüber. 2016 wiederholte das Haus der Ideen das Konzept, seine Figuren in ganz großem Stil gegeneinander kämpfen zu lassen. „Civil War II“ hatte eine andere Prämisse, war aber nicht weniger dramatisch. Wer das bisher verpasst hat, kann das dank Panini Comics im Rahmen ihrer „Marvel Must-Have“-Reihe nachholen. Und wer sich auch nur ansatzweise für Marvel, das MCU und sehr ansehnliche sowie ausgesprochen spannende Superhelden-Storys begeistern kann, sollte das auch tun.

„Civil War II“ greift ein bisschen eine Idee auf, die schon in „Minority Report“ des amerikanischen Sci-Fi-Autors Philip K. Dick aus dem Jahr 1956 thematisiert wurde: Kann man Menschen für Verbrechen verhaften, die sie noch nicht begangen haben? Umgemünzt auf „Civil War II“ bedeutet das: Sollte man die Fähigkeit, Visionen der Zukunft nutzen, um Dinge zu verhindern, ehe sie passieren? Der junge Inhuman Ulysses hat die Gabe, die Zukunft vorherzusagen. Tony Stark ist dagegen, diese Fähigkeit zu nutzen, da seiner Ansicht nach nur eine von ganz vielen möglichen Versionen der Zukunft vorhergesagt wird und diese schon nicht mehr wahr ist, sobald die Avengers und Co. die gesehenen Dinge zu verändern beginnen. Carol Danvers alias Captain Marvel hingegen ist beinahe wie besessen von den Möglichkeiten, die sich scheinbar auftun. Nach einem Kampf gegen Thanos, dessen Erscheinen von Ulysses auf den Punkt genau vorhergesagt wurde und in dessen Verlauf ein Held stirbt und eine weitere Heldin möglicherweise auch nicht dem Tod von der Schippe springen können wird, spitzt sich die Lage zu. Und als dann auch noch ein Avengers-Mitglied ein anderes ermordet, sind die Fronten zwischen den Lagern, die von Tony bzw. Carol angeführt werden, maximal verhärtet und es kommt, wie es kommen muss. Der zweite Civil War beginnt und mittendrin die Avengers, die Inhumans, die X-Men und überhaupt nahezu alles andere, was bei Marvel Rang und Namen hat …

Es ist schon gut und richtig, dass „Civil War II“ noch einmal als „Marvel Must-Have“ neu aufgelegt wird. Denn genau das ist diese rasante, hoch spannende und sehr dramatische Achterbahnfahrt in die Hölle, geschrieben von Top-Autor Brian Michael Bendis (u. a. die „Moon Knight Collection“), auch! Bendis versteht es sehr gekonnt, mit den Sympathien der Lesenden zu spielen. Denn sowohl Captain Marvel als auch Iron Man haben gleichzeitig genauso gute Argumente für ihr Vorgehen, wie sie immer auch scheinbar völlig neben der Spur und nur ganz knapp an der völligen, wahnhaften Verblendung vorbeischrammen. Ich kann selbst nicht so richtig sagen, ob ich eher mit Captain Marvel oder mit Iron Man sympathisiere. Was ist denn, wenn Tony Stark recht hat und Ulysses wirklich immer nur eine Möglichkeit der Zukunft sieht, die schon dann ihr Haltbarkeitsdatum erreicht hat, sobald jemand hingeht, um daran etwas zu ändern? Und was, wenn Carol Danvers im Recht ist und man jede Chance zur Verhinderung einer Katastrophe ergreifen muss, und sei sie noch so klein? Schwierig, schwierig. Und so wird man ein ums andere Mal hin- und hergerissen und justiert seinen moralischen Kompass neu.

Abgesehen davon ist der Comic auch einfach eine Augenweide. Zeichnungen, Tusche, Farben – alles auf höchstem Niveau. Das ist alles wie einen der MCU-Blockbuster zu kucken, nur dass man hier eben selbst blättern muss. Dennoch: Hochgenuss! Dass manche Dialoge ein wenig dünn und bei der Vielzahl der auftretenden Figuren die meisten nur als Statisten im Hintergrund fungieren, ist nicht überraschend und vor allem auch nicht weiter schlimm. Das war beim ersten „Civil War“ nicht anders und auch im Film sind es vorrangig zwei Figuren gewesen, um die alle anderen mal mehr, mal weniger prominent herumwuselten. „Civil War II“ als Film wäre mit Sicherheit ein maximal effektgeladener Sommer-Blockbuster. Aber auch als Comic ist das allerbeste Unterhaltung. Spannung, Drama, Action, große und bewegende Momente, eingebettet in ganz tollen Bildern – man kann kaum mehr verlangen von einem Comic, in dem sich Gruppierungen von Supermenschen im Wesentlichen die Helme und Strumpfhosen verbeulen, oder? Damals wie heute beide Daumen nach oben für dieses Ereignis von einem Comic!

Cover des Comics Marvel Must-Have: Civil War 2 von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
30. Januar 2024
Verlag
Panini Comics
Zeichnungen
David Marquez, Jim Cheung, Olivier Coipel
Inhalt
Brian Michael Bendis
Storys
Civil War II: Free Comic Book Day, Spider-Man: Civil War II 0–8
Seiten
284
Unsere Wertung
4.5
Fazit
„Civil War II“ als Film wäre mit Sicherheit ein maximal effektgeladener Sommer-Blockbuster. Aber auch als Comic ist das allerbeste Unterhaltung. Spannung, Drama, Action, große und bewegende Momente, eingebettet in ganz tollen Bildern – man kann kaum mehr verlangen von einem Comic, in dem sich Gruppierungen von Supermenschen im Wesentlichen die Helme und Strumpfhosen verbeulen, oder?
Pro
Spielt geschickt mit den Sympathien. Wer ist denn nun im Recht? Tony Stark oder Carol Denvers? Und wer von beiden ist bessener, seine Wahrheit durchzusetzen?
Super schicke Zeichnungen, tolle Farben - optisch ein Hochgenuss!
In der "Marvel Must-Have"-Reihe sehr gut aufgehoben
Kontra
Kann man als Negativpunkt sehen, muss man aber nicht: viele Figuren sind nur Beiwerk, manche Dialoge wirklich sehr einzeilig. Buchstäblich.
4.5
Wertung
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