Cover des Comics Sandman - Dead Boy Detective: Fremde Geister unerwünscht! von Panini Comics.

Neil Gaiman hätte es nicht besser schreiben können: „Sandman – Dead Boy Detectives: Fremde Geister unerwünscht!“ ist ein rundherum gelungenes, neues Abenteuer der toten Detektivkinder

Foto: Panini Comics

Allerspätestens mit der – wie ich finde – gelungenen und sehenswerten Serie bei Netflix ist Neil Gaimans „Sandman“ wieder ein ganz heißes Thema. Und auch wenn Gaimans fantastisches, inzwischen multi-mediales Phänomen gerade einen weiteren Frühling erlebt – Geschichten aus der Welt von Dream, Death und all den anderen, sehr einzigartigen Figuren werden seit 1989 in die Welt gesetzt. „Sandman“ begründete wohl den Kultstatus, den Gaiman heute genießt. Und auch in meiner ersten großen Comicphase um die Jahrtausendwende herum waren die „Sandman“-Comics der heißeste Scheiß! „World’s End“ beispielsweise, eine Sammlung von Kurzgeschichten, die erstmals 1993 bzw. 1994 als Sammelband erschienen, sind mir heute noch sehr geläufig. Ähnlich wie Gaimans Bücher „Niemalsland“, „Sternwanderer“ oder „American Gods“ sind auch die „Sandman“-Comics Werke, an die man sich lange erinnert. Die einen inneren Nachhall erzeugen, über deren Charaktere und Ereignisse man eine ganze Weile nachdenkt. Und die man, manchmal Jahre später, mit der gleichen Faszination und Begeisterung liest, als sei es das erste Mal. Will sagen: Nicht ohne Grund gelten die „Sandman“-Comics als etwas Besonders, als eine willkommene Abwechslung für all jene, die von dem ewigen Superhelden-Einerlei genug haben oder die einfach unfassbar gut geschriebene (Comic-)Literatur lesen möchten. 2024 wird wohl ein Ableger – die „Dead Boy Detectives“ – bei Netflix zu sehen. Da passt es gut, dass sich Panini Comics aufgemacht hat und Abenteuer der toten Detektivkinder zu veröffentlichen. Vor wenigen Tagen erschien mit „Sandman – Dead Boy Detectives: Fremde Geister unerwünscht“ ein weiteres. Nicht von Neil Gaiman geschrieben, aber dennoch im besten Sinne ganz in dessen Stil und Tradition. Ein Fest zum Fest, quasi.

Die Dead Boy Detectives, das sind die beiden ehemaligen Internatsschüler Charles Rowland und Edwin Paine. Und wenn sie auch zeitlich ein großer Abstand trennt, so eint sie doch eine Sache: Sie sind beide tot. Einer starb Anfang des 20. Jahrhunderts, einer an dessen Ende. Als Geister sind sie nun unterwegs und versuchen sich als Detektive. Große Vorbilder der beiden Jungs sind unter anderem Meisterdetektive wie Sherlock Holmes. Im aktuellen Fall verschlägt es sie nach Los Angeles, wo sie etwas über den Verbleib eines Mädchens mit amerikanisch-thailändischen Wurzeln herausfinden sollen. Im Verlaufe ihrer Ermittlungen, die sehr schnell sehr klarmachen, dass tot zu sein noch nicht bedeutet, vor Gefahren geschützt zu sein, bekommen sie es mit allerhand Monstern zu tun, die ihren Ursprung in der asiatischen Welt haben. Die Spielregeln der Geisterwelt sind durcheinander geraten – oder durcheinander gebracht worden? – und übernatürliche Wesen aus dem Osten, die dort eigentlich nicht sein dürften, stiften Chaos im Westen. Was die beiden nicht einmal im Ansatz ahnen, ist, dass alles Teil eines perfiden Plans ist, den die Hexe Thessaly ausgeheckt hat, um sich aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Und die Falle, die sie gelegt hat, sie schnappt zu.

Geschrieben wurde dieser fantastische und fantasievolle Ritt durch die Geisterwelt von Pornsak Pichetshote, einem Comicautor mit amerikanisch-thailändischen Wurzeln. Es bereitet großes Vergnügen zu lesen, wie sich auf dem abgefahrenen Trip der beiden toten Detektivkinder thailändische Mythologie und mit schnelllebiger amerikanischer Kultur vermengen. An grausig-grausamen Szenen mangelt es diesem Comic nicht, aber „Sandman“ war noch nie um die ein oder andere Horror-Komponente verlegen. Fakt ist, dass Pichetshote Story so spannend, so abgedreht und so unterhaltsam geworden ist, dass man diesen Comic erst aus der Hand legen kann, wenn man damit durch ist! Unterbrechungen sind nur schwerlich möglich. Tolle Charaktere, tolle Einbindung verschiedenster mythologischer Ideen – ich wage zu behaupten, dass selbst Neil Gaiman himself das nicht fesselnder hätte hinbekommen können. Was für ein Ritt!

Passend dazu unterstreichen die sich immer wieder dezent an Manga orientierenden Bilder die famose Stimmung dieses Comics. Ich würde nicht notwendigerweise behaupten wollen, dieser Band von „Dead Boys Detectives“ ist der schönste Comic, den ich je gelesen habe. Zweckmäßig würde als Beschreibung dem Gezeigten aber auch nicht gerecht werden. Von den Bildern geht eine ganz eigenwillige Faszination aus, die mit vielen, teilweise ziemlich abgefahrenen Ideen die Handlung auf passende Weise unterstützt.

Ich bin gespannt, wie Netflix diese Abenteuer der beiden toten Kindesdetektive umsetzen wird. Nach der ziemlich gelungenen ersten Staffel von „Sandman“ bin ich da aber ziemlich optimistisch, dass sie sich des Themas mit der gleichen Akribie und -Leidenschaft zuwenden werden, wie es bei den Erlebnissen von Dream gewesen ist. Was den vorliegenden Comic angeht: Zum Jahresende hat Panini mit „Sandman – Dead Boy Detectives: Fremde Geister unerwünscht!“ noch einmal einen richtigen Knaller rausgehauen, der nicht nur langjährige „Sandman“-Fans unterhalten dürfte, sondern auch für Neulinge geeignet ist. „Sandman“ ist einfach anders und dieser Band zeigt (einmal mehr) auf, warum das so ist. Beide Daumen nach oben.

Cover des Comics Sandman - Dead Boy Detective: Fremde Geister unerwünscht! von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
5. Dezember 2023
Verlag
Panini Comics
Zeichnungen
Javier Rodriguez, Jeff Stokely
Inhalt
Pornsak Pichetshote
Storys
Sandman Universe
Seiten
164
Unsere Wertung
4
Fazit
Zum Jahresende hat Panini mit „Sandman – Dead Boy Detectives: Fremde Geister unerwünscht!“ noch einmal einen richtigen Knaller rausgehauen, der nicht nur langjährige „Sandman“-Fans unterhalten dürfte, sondern auch für Neulinge geeignet ist. „Sandman“ ist einfach anders und dieser Band zeigt (einmal mehr) auf, warum das so ist. Beide Daumen nach oben.
Pro
Sehr spannende Geschichte, die gekonnt Elemente thailändischer und amerikanischer Mythologie vermischt
Die Story steht ganz in der Tradition von Neil Gaimans besten Geschichten
Die Zeichnungen unterstreichen die Handlung perfekt
Kontra
Die Schrift passt manchmal nicht wirklich in die Sprechblasen und nicht immer wirkt es so, als ob das wirklich so gewollt ist
4
Wertung
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