Gerade geht mir ein Lied durch den Kopf, das Ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit alle kennt. Darin heißt es: „If it’s something weird / And it don’t look good /Who ya gonna call?“ Na? Riiichtig, genau – den Doctor natürlich! Was hattet Ihr denn gedacht? Panini Comics hat zum Ende des vergangenen Jahres eine neue „Doctor Strange“-Reihe an den Start gebracht, die als Paperback erscheint. Und bevor es bald losgeht mit den ersten Neuerscheinungen des Jahres 2024, werfe ich noch einen Blick auf die letzten Highlights aus 2023. Wie eben den besagten Neustart des beliebten Doktor-Magier-Schnösels. Nachdem in 2023 im Rahmen der „Marvel Must-Have“-Reihe noch einmal die Anfänge beleuchtet wurden und somit alle die Möglichkeit hatten, nachzulesen, wie aus dem eingebildeten Fatzken Meisterchirurgen der Oberste Zauberer der Welt wurde, spinnt die neue Serie die Geschichte um Stephen Strange fort. Und, das darf ich hier sicher schon mal vorab verkünden, tut sie auf eine sehr unterhaltsame Weise.
In dieser neuen Serie ist Doctor Strange gerade erst von den Toten auferstanden. Autor Jed MacKay hatte den Zauberer in dem Werk „Der Tod von Doctor Strange“ sterben lassen. Nun ist es bei Comics ja oft so, dass Totgesagte länger leben und, sofern es sich nicht um eine Randfigur handelt, deren Fehlen eher zu vernachlässigen ist, irgendwann wieder zurück ins Rampenlicht geholt werden. DC beispielsweise hat selbst Superman irgendwann mal den Löffel reichen lassen – und dennoch bevölkert der Kryptonier nach wie vor jede Menge bunter Panels. Und auch wenn das Ableben von Doctor Strange aufsehenerregend gewesen sein mag – dass der Mann für immer auf der anderen Seite verweilen würde, davon ist wohl niemand ernsthaft ausgegangen, denke ich. Nicht zuletzt durch die Filme im Marvel Cinematic Universe und der damit einhergehenden Popularität der Figur ist es wohl gedankt, dass Strange eine neue eigene Serie bekommen hat. Zumal der dritte Solo-Film mit Doctor Strange den Gerüchten nach im Frühjahr 2026 in die Kinos kommen soll.
Stephen Strange ist also wieder da, putzmunter und quicklebendig. Darüber hinaus verheiratet mit seiner großen Liebe Clea, die als Warlord deutlich weniger zimperlich ist, was eventuelles Ableben bekämpfter Feinde angeht, als ihr Ehemann, der als Arzt einmal mal einen Schwur geleistet hat. Es könnte eigentlich alles entspannt sein im Sanctum Sanctorum, dem im New Yorker Stadtteil Greenwich Village gelegenen Anwesen der Stranges. Über die Woche verteilt Charakteren wie Spider-Man, dem Moon Knight oder Black Cat mit diesem oder jenem Problem helfen und sich am Sonntagabend zufrieden für den Tatort im Ersten vor die Glotze verziehen. Könnte. Wenn da nicht eine unbekannte Person unterwegs wäre, um andere Zauberwesen um die Ecke zu bringen. Unter anderem etwa jene, die für das Ableben von Stephen Strange verantwortlich waren. Und nun weiß man ja – wenn irgendwo ein neuer Jäger auftaucht, der bestehende Machtstrukturen durcheinander bringt, entsteht die Sorte Chaos, auf die niemand so richtig Bock hat. Im Verdacht steht übrigens niemand anderes als Stephens Ehefrau Clea. Und als wäre alles bislang nicht nervenaufreibend genug für die frisch wiedervereinten Eheleute, müssen sie auch noch zur Hochzeit von Cleas Mutter. Was insofern pikant ist, als Clea und ihre Mutter ein eher … nun ja … unterkühltes Verhältnis haben. Und weil sie eine der Verantwortlichen für Stranges Tod ist. Zu erwähnen, dass bei einer Hochzeit unter solchen Vorzeichen die Fetzen fliegen, ist müßig, oder? Und das dicke Ende kommt ja erst noch! Aber das lest Ihr mal lieber selbst.
Jau. Der Unterhaltungswert dieses Auftakts der neuen „Doctor Strange“-Serie, inklusive der ganzen Action, Verstrickungen, großer Übel, die sich ausbreiten und so weiter, die sind in etwa auf dem gleichen Niveau wie die Solo-Filme des zaubernden Arztes. Will sagen: Wer mit dem Popcorn-Kino aus dem Hause Marvel seinen Spaß hatte, wird an diesem Auftakt gewiss auch viel Freude haben. Die Geschichte ist rasant erzählt, dass zwischendurch die Zeichnenden und dadurch die Stile wechseln, fällt nicht weiter ins Gewicht. Manchmal wirken die Zeichnungen sehr klassisch, an anderer Stelle orientiert man sich hingegen sehr an Mangas. Das passt schon so. Die Handlungen der Charaktere erscheinen mir schlüssig, die jeweiligen Motive können nachvollzogen werden, die Spannungskurve geht steil nach oben – und die Woche im Alltag des Zauberers, bevor die Kacke anfängt zu dampfen – ist sehr charmant umgesetzt. Dass hier verschiedene andere Figuren aus Marvels schier unerschöpflichem Fundus kurz mal für einen Cameo-Auftritt heran zitiert werden, war zu erwarten, platziert lässt die Geschichte und die Figuren darin aber nur noch mehr wie Teile eines großen Ganzen wirken.
Um das mal abschließend auf den Punkt zu bringen: „Doctor Strange: Liebe, Magie und Finsternis“ ist ein sehr gelungener Auftakt einer neuen Serie rund um den zaubernden Doktor. Auch wenn der von Panini gewählte Untertitel ein bisschen nach einer Foto-Love-Story aus der Bravo klingt. Aber im Prinzip umschreibt es genau das, was von diesem Comic geboten wird. Plus Action. Und davon nicht zu wenig. Daumen hoch, ich bin gespannt, wie es weitergeht!