Cover des Comics The Authority Deluxe Edition #2 von Panini Comics.

„The Authority Deluxe Edition #2“, oder: Gott will die Welt vernichten und nur ein besonderes Team kann es aufhalten

Foto: Panini Comics

Dass und warum „The Authority“ bei dessen Erscheinen Ende der 1990er-Jahre eine der größten Sensationen im Comicbereich war, darüber habe ich mich schon im November einigermaßen ausführlich geäußert, als es um die erste Ausgabe der Deluxe Edition von „The Authority“ aus dem Hause Panini Comics ging. Um Euch dennoch einmal kurz ins Boot zu holen: Die von Warren Ellis und Bryan Hitch geschaffene und (zumindest unter ihrer Ägide) zwölfteilige Serie erschien in einer Zeit, als die Sorge vor dem Jahrtausendwechsel ein gern genommenes Thema in der Popkultur war. Gerade kommen mir Fernsehserien wie der X-Files-Ableger „Millennium“ oder auch Songs wie „Anthem For The Year 2000“ von Silverchair in den Sinn. Vor allem aber erschienen die Comics in einer Zeit, als übermächtige Wesen, die in Strumpfhosen für die gute Sache kämpften, noch ganz schöne Biederleute waren. Heute kann es gar nicht krass genug sein –  siehe „The Boys“ – aber damals war das, was die Authority zu bieten hatte, schon irgendwie Neuland. Ein sich an Batman und Superman orientierendes, schwules Pärchen. Ein Typ, der seine Kraft durch Städte gewinnt. Explizite Gewaltdarstellung und moralisch durchaus hinterfragenswerte Handlungen. Einen ganzen Kontinent ausradieren? Für die Authority kein Problem. Und über allem die Anführerin der Gruppe, Jenny Sparks, der Geist des 20. Jahrhunderts. Hatte damals alles mehr Knalleffekt als heute, ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Superheldencomics, der extrem gut gealtert ist, sich heute noch wunderbar lesen lässt und vor allem nach wie vor sehr spannend sein kann, ist „The Authority“ immer noch. Ein Comic wie Mark Millars „The Ambassadors“ wäre heute vielleicht gar nicht denkbar ohne diesen Vorreiter. Daher ist mein Thema heute der zweite Band der Deluxe Edition.

Band #2 ist im Umfang etwas geringer ausgefallen als noch die erste Ausgabe. Enthalten sind neben den regulären Heften 9 bis 12 außerdem die Einzelhefte „Planetary/The Authority: Ruling the World“ und „The Authority: Requiem“, die der Vollständigkeit wegen zwar dazu gehören, aber nicht so sehr Eindruck schinden wie die Story, die sich in den Heften 9 bis 12 entfaltet. Und auch wenn der Authority in den vorhergehenden Auftritten nicht an jeder Menge FUBAK (furchtbar böse Arsch voll kriegen) mangelte, sowohl aktiv als auch passiv – mit so einer Bedrohung wie jetzt hatten es Jenny und ihre Leute bisher nicht zu tun. Niemand Geringeres als Gott ist unterwegs zur Erde, um das Antlitz selbiger von einer parasitären Lebensform namens Mensch zu befreien. Zumindest könnte man das, was da angerauscht kommt und größer ist als der Mond, für Gott halten, schließlich soll das Wesen den Erzählungen nach anno dazumal unser schönes Universum quasi aus dem Urschleim geformt haben. Warum dem Wesen ganz plötzlich einfällt, mal wieder zu linsen, was auf der Erde so los ist – keine Ahnung. Wird uns nicht erklärt, tut für den Comic-Blockbuster im Roland-Emmerich-Style aber auch keinen Abbruch. Da kommt etwas Unbekanntes unfassbaren Ausmaßes auf die Erde zu und nur die Authority ist in der Lage, etwas dagegen zu tun. Und wäre das alles nicht schon dramatisch genug, passiert das ausgerechnet zum Jahreswechsel ins neue Jahrhundert bzw. gar Jahrtausend. Jenny Sparks, als Geist des 20. Jahrhunderts, hat eine ziemlich exakte Zeitspanne, in der sie existieren kann. Es wird also nicht nur die Zeit für den Planeten, auf dem sie wohnt, ziemlich, ziemlich knapp …

Es kann schon sein, dass ich mich wiederhole, aber „The Authority“ ist auch ein gutes Vierteljahrhundert nach erstem Erscheinen einfach beste Comicunterhaltung. Die Zeichnungen und die Farbgebung können mit aktuellen Produktionen locker mithalten. Und die Geschichte ist ein so spannender Breitbild-Blockbuster, dass man dieses Hardcover-Buch mit einem Umfang von immerhin fast 200 Seiten erst wieder aus der Hand legt, wenn man durch ist. Und man den Deckel zuklappt, mit diesem Gefühl tiefster Befriedigung, das sich immer dann einstellt, wenn man gerade einen wirklich guten Comic oder ein wirklich tolles Buch gelesen hat. Zeitloser Klassiker ist der Begriff, der mir hier durch den Kopf schwirrt. Man merkt, dass Ellis und Hitch auf ein großes Finale hinauswollten, bei dem vermeintliche Schockeffekte wie übertriebener Gore oder fragwürdige Handlungen gar nicht nötig sind. Daher wirkt die hier erzählte Geschichte weniger plakativ, ist dafür aber ungleich  spannender! Abgerundet wird die Deluxe Edition nicht nur durch die Abbildung sämtlicher Variant-Cover, sondern auch damit, dass Panini das Skript eines Heftes in übersetzter Form in das Buch packte. Wer sich also dafür interessiert, auf was für einer Grundlage Bryan Hitch und Phil Jimenez ihre Zeichnungen anfertigen oder Laura Martin die Farben wählte, bekommt hier einen kleinen Eindruck.

Ich bleibe dabei: „The Authority“ ist ein Meilenstein, den alle gelesen haben sollten, die sich auch nur entfernt für Superheldencomics interessieren. Wer das bisher immer verpasst hat – was angesichts der ursprünglichen Veröffentlichung Ende der 90er-Jahre gar nicht mal so überraschend wäre – bekommt dank Panini nun in Form der Deluxe Editions eine richtig gute Gelegenheit, ein bisschen Comicgeschichte nachzuholen. Und wer damals schon dabei war, kann sich diese Neuauflage eigentlich auch nochmal zu Gemüte führen.

Cover des Comics The Authority Deluxe Edition #2 von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
30. Januar 2024
Verlag
Panini Comics
Zeichnungen
Bryan Hitch, Phil Jimenez
Inhalt
Warren Ellis
Storys
Planetary/The Authority: Ruling the World, The Authority 9-12, The Authority: Requiem
Seiten
196
Unsere Wertung
4.3
Fazit
Die Zeichnungen und die Farbgebung können mit aktuellen Produktionen locker mithalten. Und die Geschichte ist so spannender Breitbild-Blockbuster, dass man dieses Hardcover-Buch mit einem Umfang von immerhin fast 200 Seiten erst wieder aus der Hand legt, wenn man durch ist. Und man den Deckel zuklappt, mit diesem Gefühl tiefster Befriedigung, das sich immer dann einstellt, wenn man gerade einen wirklich guten Comic oder ein wirklich tolles Buch gelesen hat. Zeitloser Klassiker ist der Begriff, der mir hier durch den Kopf schwirrt.
Pro
Spannende, gut gealterte Comic-Unterhaltung auf höchstem Niveau, die in Anbetracht der Zeit, in der sie ursprünglich erschien, schlicht als Klassiker betrachtet werden muss
Bonus-Material in Form von Variant-Cover und übersetztem Original-Skript
Kontra
4.3
Wertung
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