Cover des Comics Der Joker - Der Mann, der nicht mehr lacht von Panini Comics.

Grausam und stellenweise nur schwer zu ertragen: In „Der Joker – Der Mann, der nicht mehr lacht“ macht der Joker Jagd… auf den Joker!

Foto: Panini Comics

Seit der Joker 1940 erstmals in Erscheinung getreten ist, beschäftigt er die Menschen. Fasziniert sie. Natürlich diejenigen, die Storys rund um den Clownprinz des Verbrechens konsumieren. Vor allem aber auch diejenigen, die sich auf kreative Weise mit der Figur auseinandersetzen müssen oder wollen. Sei es als Drehbuchautor*in oder auch als Autor*in von Comic-Geschichten. Deswegen überrascht es wohl auch kaum, dass immer wieder von vorne aufgerollt wird, wer der Joker eigentlich ist, wie er zu dem wurde, was er ist und ob seine gesammelten Grausamkeiten aus einem kranken Verstand heraus entstanden, oder ob der Mann schlicht und ergreifend das personifizierte Böse ist. Panini Comics hat kürzlich den ersten Band der neuen Reihe „Der Joker – Der Mann, der nicht mehr lacht“ veröffentlicht. Und diese neue Serie, in welcher ausschließlich das ewig lachende Bleichgesicht mit den grünen Haaren im Fokus steht, versucht nicht, einmal mehr eine Origin-Story oder etwas in der Art zu erzählen. Es werden auch keine Erklärungsversuche unternommen. Stattdessen ist zumindest der erste Band, so viel sei vorab schon verraten, ein ziemlich krasser, einem fieberhaften Albtraum gleichender Abstieg in die (Gedanken-)Welt des Jokers.

Längere Zeit war der Joker nicht mehr in Gotham unterwegs. Wieso, weshalb und warum – darüber hüllt der Comic den Mantel des Schweigens. Ist auch eigentlich eher sekundär. Zur Zeit seiner Rückkehr hat der Joker in Gotham aber nicht nur keinen Rückhalt in der Community der Superschurken, nö, es gibt auch noch einen zweiten Joker. Und dieser zweite Joker hat einigermaßen ambitionierte Pläne. Anstatt sich seinen Platz in Gotham zurückzuerobern ist es sein Plan, gleich ganz Amerika an seinen „Späßen“ teilhaben zu lassen. Diesen Plan beginnt er auch, in die Tat umzusetzen – unmittelbar, nachdem er dem eigentlichen Joker eine Kugel in den Kopf verpasst und ihn zum Sterben zurückgelassen hat. Aus Gründen, die der Joker nicht versteht, stirbt er aber nicht – und macht sich stattdessen auf die Jagd nach Antworten – und vor allem aber nach seinem Doppelgänger. Unnötig zu erwähnen, dass er dabei eine Spur aus Mord und Totschlag hinter sich herzieht. Und zu all seinem Überfluss will ihm auch noch Jason Todd in Gestalt des Red Hood ans Leder, einem Vigilanten, der dem Joker auch schon mal das eigene Ableben zu verdanken hatte. Und so dauert es dann auch nicht lange, bis in Gotham mehr als nur die Luft brennt.

Puh! Diese von Matthew Rosenberg (Story), Carmine Di Giandomenico und Francesco Francavilla (Zeichnungen und Tusche) geschaffene, reichlich düstere Erzählung ist einigermaßen starker Tobak, der ganz schön an die Nieren geht. Ohne allzu viel erzählen zu wollen und damit die Gefahr von Spoilern zu erhöhen, aber: auf seiner Tour de Force verschlägt es den Joker auch auf die Kinder-Krebsstation eines Krankenhauses, ähnlich wie in dem „Joker“-Film von 2019 mit Joaquin Phoenix in der Titelrolle. Allerdings gibt es hier eine Verfolgungsjagd mit der Polizei und die ganze Szene, die sich über einige Seiten des Comics erstreckt, ist teilweise bewusst unter der Gürtellinie und nur schwer erträglich. Mit anderen Worten: Die Schöpfer dieses Comics haben sich alle Mühe gegeben, den Joker einmal mehr als niederträchtige, verabscheuenswürdige Inkarnation des absolut Bösen zu porträtieren. Und das, möchte ich mal so sagen, ist ihnen mit Bravour gelungen! Selten war der Abstieg in die finstere Welt des Jokers so derbe, so abgründig. Und an denkwürdigen Auftritten mangelte es dem Clownprinzen des Verbrechens seit seiner Erfindung nun wirklich nicht. Dass Batman in diesem Comic allenfalls kurz mal namentlich erwähnt wird und die einzige Person, die sich dem Wahnsinnigen (oder besser: den Wahnsinnigen, es sind ja schließlich zwei Joker am Start) in den Weg stellt, ausgerechnet Red Hood ist, der vor Methoden auf der anderen Seite des Spektrums von „gut“ nicht zurückschreckt, verleiht der Story zusätzlich würze.

Die Zeichnungen würde ich nicht notwendigerweise als „schön“ bezeichnen, ergeben aber mit den Farben von unter anderem Arif Prianto (dessen Arbeiten man auch in diesen Tagen auch in „Batman & Der Joker: Das tödliche Duo“ bestaunen kann) ein wunderbar düsteres, abgründiges Bild, das gut zur Stimmung des Comics passt. Diesen Comic zu lesen ist ein bisschen so, wie einen ziemlich harten Thriller zu schauen. Es ist nicht immer unbedingt eine Freude, weil, wie gesagt, teilweise schon ziemlich grausam, aber wer noch einen Beleg dafür braucht, dass das Böse eine seltsame Faszination ausüben kann, bekommt hier ein weiteres, eindrucksvolles Beispiel dafür geliefert. Für mich klar ein Highlight im Sommerprogramm von Panini und es würde mich nicht überraschen, wenn man über diese Serie in Zukunft ähnlich fachsimpelt, wie über das Über-Meisterwerk „Batman: The Killing Joke“ von Alan Moore und Brian Bolland.

Abgerundet wird dieser Band durch fünf Kurzgeschichten, die mit „Pulp Fiction“ gut umschrieben wären. Mitunter auch einigermaßen derbe, von eigenartigem Humor durchzogene One-Shots, die man mal lesen kann – und vermutlich ziemlich rasch wieder vergisst. Sie gewinnen dem Joker keine neuen Facetten ab, ganz im Gegensatz zum Hauptteil des Comics. Noch während ich diese Zeilen tippe, hallen manche Szenen und Ereignisse des Comics in meinem Kopf nach und ich merke erneut, dass mich manches auf eine sehr unangenehme Weise berührt. Was ich, schlussendlich, als größtes Pro-Argument für diesen ersten Band dieser herben Charakterstudie anführen wollen würde. Comics zum Wohlfühlen, in denen am Ende stets das Gute gewinnt, gibt es schließlich zur Genüge. Und damit hebt sich „Der Joker – Der Mann, der nicht mehr lacht“ erfrischend vom üblichen Geschehen in Superhelden-Comics ab.

Cover des Comics Der Joker - Der Mann, der nicht mehr lacht von Panini Comics.
Erscheinungsdatum
11. Juli 2023
Verlag
Panini Comics
Zeichner*in
Carmine Di Giandomenico
Autor*in
Matthew Rosenberg
Seiten
180
Storys
The Joker The Man Who Stopped Laughing 1-5
Unsere Wertung
4
Fazit
Diesen Comic zu lesen ist ein bisschen so, wie einen ziemlich harten Thriller zu schauen. Es ist nicht immer unbedingt eine Freude, weil, wie gesagt, teilweise schon ziemlich grausam, aber wer noch einen Beleg dafür braucht, dass das Böse eine seltsame Faszination ausüben kann, bekommt hier ein weiteres, eindrucksvolles Beispiel dafür geliefert.
Pro
Teilweise ziemlich krasser Ausflug in die Welt des Jokers
Hervorragend geschrieben und stimmungsvoll illustriert
Keine strahlenden Helden, nur Anti-Helden und Figuren, die darum betteln, verabscheut zu werden
Kontra
Manche Szenen könnten für manche Menschen nur schwer zu ertragen sein, daher ist das hier eher als Hinweis denn als Negativmerkmal zu verstehen
4
Wertung
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